In einem dreiteiligen Interview mit Eva Herman zeigt Professor Hermann Adrian, Demografie- und Volkswirtschaftsexperte, Universität Mainz, unter anderem die Absurdität des deutschen Altersversorgungssystems auf, das Kinderlose gegenüber Eltern mit Kindern bevorzugt behandelt:
Tatsächlich gibt es aufgrund der deutschen Steuer- und Sozialgesetze massive ökonomische Gründe, sich gegen das Aufziehen von Kindern zu entscheiden. Das kann man schon alleine daran erkennen, dass man als Kinderloser eine bessere Altersversorgung von nachwachsenden fremden Kindern erhält als die Eltern dieser Kinder. Das liegt daran, dass die Altersversorgung fast ausschließlich an die Beitragszahlungen gekoppelt ist und ein Elternpaar in der Regel auf weniger Beitragsjahre kommt als ein kinderloses Paar. Dies ist absurd, da es ja ohne Kinder überhaupt keine Altersversorgung gäbe. Die Absurdität entsteht dadurch, dass die umlagefinanzierten Sozialsysteme, die ausschließlich durch die Wirtschaftskraft der nachwachsenden Kinder gedeckt sind, so behandelt werden, als wären sie durch die gezahlten Beiträge kapitalgedeckt, obwohl dieses Kapital zwischenzeitlich längst von den Eltern der Beitragszahler verkonsumiert wurde. Die Rentenbeiträge stellen die Rückzahlung der Schulden der erwachsenen Kinder an ihre Eltern dar, weil diese für sie die Kosten ihrer Kindheit und Jugend getragen haben. Es ist ja unmittelbar einsichtig, dass jeder wirtschaftlich leistungsfähige Mensch in einer Lebensbilanz die Kosten seines gesamten Lebens, von der Geburt bis zum Tod, selbst tragen muss. Wer seine Kosten nicht selbst trägt, lebt auf Kosten von anderen. Die gezahlten Beiträge können deshalb keine Ansprüche an die nachfolgende Generation begründen, sondern nur das Aufziehen eigener Kinder.
Ergänzung 14.10.:
Kommentator Meyer erläutert dieses Thema in einfachen, drastischen Worten: „Das ist pervers!“:
Unsere Sozialbeitragssysteme verlagern die eigene Zukunftinvestition, die zu allen Zeiten „Kinder“ hieß, auf die Kinder der anderen. Ein Kinderloser kann somit sein Geld wunderbar konsumieren und anlegen, während die Kinder der Kinderhabenden dann seine Altersvorsorge leisten müssen, in gleichem Maße wie für ihre Eltern. Das ist auch nicht anders, wenn man ein kapitalbasiertes System hätte. Während der andere Familienvater Kohle in seine Kinder investieren muß und seine Frau wenigstens teilzeitig zuhause bleiben muß, kann der Kinderlose, volles double-income, dem Hedonismus frönen und gleichzeitig seine Fonds auffüllen, die die Kinder der anderen durch ihre Arbeit zu bedienen haben, um dem Kinderlosen im Alter seinen Hedonismus weiter zu gewähren. DAS IST PERVERS.