Am 27. Oktober 2011, 25 Jahre nach dem ersten Weltgebetstreffen für den Frieden, wird in Assisi eine Jubiläumsveranstaltung stattfinden, die nach den Worten des Heiligen Vaters keine synkretistischen Elemente enthalten wird:
„Ihre Sorge angesichts meiner Teilnahme an dem Assisi-Jubiläum verstehe ich sehr gut. Aber dieses Gedenken mußte auf jeden Fall gefeiert werden, und nach allem Überlegen erschien es mir als das Beste, wenn ich selbst dort hingehe und damit versuchen kann, die Richtung des Ganzen zu bestimmen. Jedenfalls werde ich alles tun, damit eine synkretistische oder relativistische Auslegung des Vorgangs unmöglich wird und klar bleibt, daß ich weiterhin das glaube und bekenne, was ich als Schreiben Dominus Jesus der Kirche in Erinnerung gerufen hatte.“
Nun war schon im April dieses Jahres die Rede davon, dass die Angaben des Heiligen Stuhles recht eindeutig seien (Hervorhebungen von mir):
„Den verschiedenen Religionsvertretern werden keine Kirchen und geweihten Orte zur Verfügung gestellt. Es werden also im Gegensatz zu 1986 weder Moslems noch Hindus, weder Juden noch Buddhisten irgendetwas in einem Gotteshaus tun. Die verschiedenen Delegationen beten still, jeder für sich, auf dem Weg zum Vorplatz der Basilika des hl. Franziskus. Es wird also weder ein gemeinsames Gebet geben noch werden andere Religionen hörbar beten.“
Dazu gibt es ein vatikanisches Bulletin mit einem italienischen Originaltext und Übersetzungen ins Englische, Französische, Deutsche und Spanische auf derselben Webseite, und da ist mir Folgendes aufgefallen: Während im Original beispielsweise zu lesen ist
„All’arrivo in Assisi, ci si recherà presso la Basilica di S. Maria…“,
passend dazu französisch:
„… près de la …“
— nach meinem Verständnis: nahe bei, in der Nähe von –, steht in der deutschen Übersetzung:
„Die Delegationen werden … sich zu einem Moment der Erinnerung an die früheren Treffen und eine Vertiefung des Tagesthemas in die Basilika S. Maria degli Angeli begeben.“
Das mag ein Flüchtigkeitsfehler sein; er wurde aber in den deutschen Medien verbreitet und könnte letztlich für Verstimmung bei den Delegationen oder dafür sorgen, dass der Papst plötzlich wieder vor vollendeten Tatsachen steht, die nicht in seinem Sinne sind. Waren da etwa die Brüder der globalistischen Einheitsreligion am Werk?
Meine diesbezügliche Intervention bei Padre Alex/Alexius/Dr. Alexander Pytlik (siehe Kommentarstrang dort) – ich halte Padre Alex für einen begnadeten Übersetzer vatikanischer Texte – wurde von ihm leider zurückgewiesen.
Siehe auch: Piusbruderschafts-Hardliner wettern gegen Assisi-Treffen
Nächster Fall 13.10.:
Während im oben verlinkten Vatikanischen Bulletin sowohl im italienischen Originaltext als auch in allen Übersetzungen nicht davon die Rede ist, dass die Delegationen in die Franziskus-Basilika geladen werden:
Am Nachmittag werden sich alle in Assisi anwesenden Gäste auf den Weg zur Basilika San Francesco begeben. Es wird ein Pilgerweg sein, auf dessen letztem Stück auch die Teilnehmer der Delegationen mitgehen werden. Damit soll der Weg verdeutlicht werden, den jeder Mensch auf der beharrlichen Suche nach der Wahrheit und der tatkräftigen Strebens nach der Gerechtigkeit und des Friedens beschreitet. Dies geschieht im Schweigen, um Raum für das Gebet und die persönliche Betrachtung zu lassen. Im Schatten der Basilika San Francesco, dort wo auch die früheren Treffen beendet wurden, wird der Abschluß des Tages mit einer feierlichen Erneuerung des gemeinsamen Einsatzes für den Frieden sein.
wird Kardinal Turkson in Kath.net mit den Worten zitiert:
Alle werden sich danach in die Franziskus-Basilika begeben, wo jeder Delegierte sich neu auf den Frieden verpflichten werde.
Was nun? Ich lass‘ mich überraschen.
Update 27.10.:
Livestream bei http://www.domradio.de/live/
Nachtrag:
Deutschlandradio (22.10.): Das Assisi-Dilemma:
… Aus dem Weltgebetstreffen der Religionen für den Frieden wurde ein Weltfriedenstreffen der Religionen. Es ist weniger ein Gebetstreffen als eine „gemeinsame Pilgerreise“ ganz in Stille und in persönlicher Betrachtung. Selbst mit den anderen christlichen Kirchen oder gar mit den anderen monotheistischen Religionen ist kein gemeinsames Gebet vorgesehen. Stattdessen nur Appelle für den Frieden. Ein Armutszeugnis, eine Kapitulation, eine Alibi-Veranstaltung ohne große Bedeutung…
… so grollen die Verfechter der One-World-Religion.
Katholisches.info (24.10.): Papst vertraut Assisi 3 der Gottesmutter Maria an – 176 Teilnehmer aus der ganzen Welt
- Tagungsband „Die Religionen in Assisi – Kein Verzicht auf die Wahrheit“ vorgestellt
- Kardinal Burke: Erklärung Dominus Iesus ein „Werk der Vorsehung“
- Der Philosoph Grayling, ein „Gegner“ des Papstes, sagt Teilnahme ab
- Assisi 3 mit 176 Teilnehmern
Kath.net (27.10.): Assisi-Treffen mit Aufrufen zu religiöser Toleranz eröffnet
Mit einer Verurteilung religiös motivierter Gewalt und einem Appell zu Toleranz haben Vertreter der großen Weltreligionen am Donnerstag das Weltfriedenstreffen in Assisi eröffnet.
Radio Vatikan (27.10.): Papst-Ansprache (in deutscher Übersetzung)
Kath.net: Papst-Rede: Kommentar, Text und Video,
Ende des interreligiösen Treffens, Bericht
Danke für die Recherche, die Übersetzungen stimmen in wichtigen Fragen oft nicht, Bitten um Änderung bewirken leider nichts. Deshalb hier ein Zitat:
Konfuzius:
„Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die Worte nicht; stimmen die Worte nicht, so kommen die Werke nicht zustande; kommen die Werke nicht zustande, so gedeiht Moral und Kunst nicht; gedeiht Moral und Kunst nicht, so treffen die Strafen nicht; treffen die Strafen nicht, so weiß das Volk nicht, wohin Hand und Fuß setzen.
Danke für Zuspruch und Konfuzius-Zitat!
zu „presso“
die Deutsche Botschaft beim Heiligen Stuhl ist wie alle anderen Botschaften anderer Länder auch im Italienischen „presso Santa Sede“ –
und man kann mit Fug und Recht davon ausgehen, daß sich die diplomatischen Vertretungen NICHT im Vatikan befinden.
Alles klar?!
Ingo Langner
Ein interessanter Beitrag. Zur Bestätigung: das italienische „presso“ wäre in diesem Fall mit „ZUR Basilika S. Maria degli Angeli“ zu übersetzen, wie es im italienischen, englischen, französischen und spanischen Vatikan-Text heißt. Nur in der deutschen Übersetzung steht „IN“.
Natürlich könnte das „zur“, „presso“, „to“, „près“, „hacia“ meinen, daß etwas sowohl BEI als auch IN der Basilika geschehen wird, was aus den Texten nicht näher hervorgeht.
Mit herzlichen Grüßen
Giuseppe Nardi
Danke für den freundlichen und sachkundigen Kommentar! Ich hoffe ja, dass mein Misstrauen überzogen war und sich alles in Wohlgefallen auflöst. Am 27. werden wir es wissen.
Gott zum Gruße!