Grawe-Preisträger Franz Prettenthaler fordert im Interview mit der Kleinen Zeitung (25.11.) eine wesentliche Steuerentlastung für Kinder:
„Armut wird so einzementiert“
… Was wäre ein Gebot der Stunde?
PRETTENTHALER: Es müsste wenigstens das Existenzminimum der Kinder in Form von Steuerfreibeträgen steuerfrei gestellt werden. Derzeit beträgt der Steuerfreibetrag 220 Euro im Jahr, eine Verzehnfachung wäre angebracht.
Weil der Aufwand für Kinder derzeit durch die Familienbeihilfe und andere Transfers nicht zur Gänze berücksichtigt wird?
PRETTENTHALER: Ja, die direkten Transferzahlungen sind nicht auf die tatsächlichen Kinderbetreuungskosten abgestellt
Sie werfen der Familienpolitik vor, beim horizontalen finanziellen Ausgleich zwischen Familien mit Kindern und kinderlosen Familien völlig zu scheitern. Was antworten Sie Kinderlosen, die darauf verweisen, dass sie von den Kindergärten beginnend ohnehin für Familien mit Kindern überall mitzahlen?
PRETTENTHALER: Was Kinderlose an Pensionen erhalten werden, ist ein Vielfaches, was derzeit Familien an Almosen gegeben wird. Wir haben ja ein Umlagesystem. Das dritte Kind wird die Pension der Kinderlosen bezahlen, die ersten zwei Kinder jene der Eltern. Die Förderung von Familien mit drei und mehr Kindern wäre deshalb auch so wichtig. …
Mein Kommentar: Eine gerechte Abgeltung des Kindererziehungsaufwandes (gegenüber Kinderlosen) ist auch im demographischen Interesse unbedingt erforderlich, denn im derzeitigen Modus lebt der Kinderlose in seiner Pensionszeit auf Kosten der Eltern mit Kindern, und die Österreicher sterben aus.
Was die Details betrifft, würde ich Herrn Prettenthaler bitten, das EStG genauer zu studieren; es gibt ja schon seit undenklichen Zeiten keine Steuerfreibeträge mehr für Kinder und auch die 200 Euro laufen unter anderem Namen.
Alfred Trendl, Präsident des Katholischen Familienverbandes, schlägt Alarm:
Seit 1990 nur elf Euro mehr für ein Kind (28.11.)
Familien protestieren: Bei einer Inflation von 52 Prozent seit dem Jahr 1990 stieg Beihilfe für Familien gerade einmal um elf Euro. Bei Familienleistungen ist Österreich im Vergleich nur mehr im Mittelfeld.
Die Zahlen sprechen für sich. Während der Ausgleichszulagenrichtsatz seit dem Jahr 1990 um 105 Prozent stieg bzw. sich um 609 Euro erhöhte, mussten sich Österreichs Familien in dieser Zeitspanne mit einer nahezu unveränderten Familienbeihilfe begnügen. Die direkte Unterstützung pro Kind stieg in 20 Jahren um nur 11,53 Prozent bei einer Inflation von 52,5 Prozent. Eltern bekommen für ihr erstes Kind somit heute um nur 11 Euro mehr als 1990. „Wenn die Politik heute immer wieder erklärt, dass wir bei der Familienförderung Weltmeister sind, ist das grob falsch“, schlägt der Präsident des Katholischen Familienverbandes Alfred Trendl Alarm.
Nach der aktuellsten OECD-Studie belegt Österreich bei den Familienleistungen von 33 Staaten tatsächlich nur mehr den bescheidenen 16. Platz. „Ein Werteverlust bei der Familienbeihilfe von rund 40 Prozent und beim Kinderbetreuungsgeld von 25 Prozent seit 2002 wäre in allen anderen Bereichen einfach denkunmöglich. Das ist eine grobe Ungerechtigkeit und eine Respektlosigkeit gegenüber Familien“, fordert Trendl eine sofortige Anhebung der Familienbeihilfe ab 2012 um zumindest zehn Prozent. Ebenso müsste es beim Kinderbetreuungsgeld, das ebenfalls seit 2002 unverändert blieb, eine Valorisierung geben.
Kein Ersatz für die Familienbeihilfe sind für den Familienverband zusätzlich eingeführte Leistungen wie die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten bis zum zehnten Lebensjahr oder das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld: „Die Basis für Eltern ist und bleibt die Familienbeihilfe.“