Scharfe Kritik übt der Deutsche Familienverband an der Forderung der Arbeitgeberverbände, die Elternzeit drastisch zu verkürzen:„Die Wirtschaftsverbände haben bereits im 8. Familienbericht die Verkürzung der Elternzeit propagiert, und die Bundesregierung hat diese Forderung zu Recht nicht aufgegriffen. Die Familienarbeit ist nicht die arme Schwester der Erwerbsarbeit. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt für eine erfolgreiche Demografiestrategie. Sonst sitzen wir alle in einem untergehenden Boot, auch die Wirtschaft“, so der Präsident des Verbandes, Dr. Klaus Zeh.
Der Deutsche Familienverband unterstreicht die Bedeutung der dreijährigen gesetzlich geschützten Elternzeit für erwerbstätige Eltern mit kleinen Kindern als zentrales Instrument der Familienpolitik.
„Die Elternzeit ermöglicht jungen Familien Wahlfreiheit und ist der einzige verbindliche Rechtsanspruch von Arbeitnehmern, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen wollen. Familien dürfen dieses Recht nicht verlieren“, warnt Zeh. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt hatte in der Presse gefordert, den gesetzlich geschützten Zeitraum auf nur noch zwölf Monate zu verkürzen, da sonst die Integration von Frauen am Arbeitsmarkt gefährdet sei.
„Es ist endlich an der Zeit, dass Wirtschaft und Familie, die beide für die Zukunft der Gesellschaft unverzichtbar sind, an einem Strang ziehen. Wir müssen jungen Menschen Mut machen, sich für Kinder zu entscheiden. Sonst gehen nicht nur der Gesellschaft die jungen Menschen aus, sondern auch den Betrieben die Fachkräfte. Dafür brauchen wir gute Ideen aus der Wirtschaft und eine innovative Personalpolitik. Was die Familien aber bestimmt nicht brauchen, sind Angstmacherei und Drohungen“, erläutert Verbandspräsident Dr. Zeh.
Siehe dazu: https://kreidfeuer.wordpress.com/2012/11/26/barbel-fischer-betrug-am-kleinstkind/
Ergänzung:
“Staatliche Ordnung muß familiengerecht werden, nicht die Familien arbeitsgerecht”
Der Bund Katholischer Unternehmer (BKU) hält eine Verkürzung der Elternzeit auf zwölf Monate nicht für angemessen.
„In den ersten Lebensjahren entwickeln sich die entscheidenden Grundlagen für die Entfaltung der Persönlichkeit jedes Kindes. Es gibt gute Gründe dafür, dass in dieser Lebensphase der höchstpersönlichen Erziehung durch die Eltern gegenüber der eigenständigen Erwerbstätigkeit eine besondere Bedeutung zukommt und die Gemeinschaft es einem Elternteil ermöglichen muss, nicht erwerbstätig zu sein“, sagte die Bundesvorsitzende des BKU, Marie-Luise Dött, die zugleich als CDU-Bundestagsabgeordnete tätig ist. …
Ergänzung 2.12.2012:
Johannes Resch (FreieWelt): Eine Diktatur des Kapitals? (29.11.):
Ich reibe mir die Augen. Da fordert der Arbeitgeberverband (BDA) und sein Präsident Dieter Hundt eine Verkürzung der Elternzeit auf ein Jahr und erklärt die Kleinkind-Betreuung zur „Kernaufgabe des Staates“. Warum? Um der Wirtschaft möglichst viele Arbeitskräfte zuzuführen, was die Lohndrückung erleichtert?
Die Wirtschaft hat sich an die angebliche „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ gewöhnt, die Eltern ins Hamsterrad und Kleinkinder in die Krippen treibt. Dass immer mehr Eltern im „Burn-out“ landen, interessiert die Wirtschaftsbosse ebensowenig wie der Stress, dem die Kinder in der Krippe und durch ihre ebenfalls gestressten Eltern ausgesetzt sind. Eltern gelten als „Arbeitsmaterial“ und Kinder als lästiges Beiwerk, für das wie bei einer Krankheit für ein Jahr „Verdienstausfall“ gezahlt wird, schönfärberisch „Elterngeld“ genannt. Ein Eigenwert wird der Kindererziehung nicht mehr zuerkannt. Wer trotzdem seine Kinder selbst erziehen will, dem wird die Gleichberechtigung abgesprochen, da nur noch die Gleichschaltung im Erwerbsleben zählt.
Das erinnert an den Frühkapitalismus. Nachdem die „Diktatur des Proletariats“ gescheitert ist, kommen wir der „Diktatur des Kapitals“ immer näher. Diese kommt nicht mit Polizeigewalt daher. Die Wirtschaft hat andere Mittel. Sie arbeitet mit Geld. Den Eltern werden nicht die eisernen, sondern die finanziellen Daumenschrauben angezogen, bis sie parieren. Diese Diktatur kommt auf leisen Sohlen durch die Hintertür.
Inzwischen hat die Wirtschaft nicht nur die Politik, sondern auch die Sozialwissenschaft unterwandert. Vorbei sind die Zeiten einer unabhängigen Kritik wie noch im Fünften Familienbericht. Der Siebente und Achte Bericht wurde zur Hofberichterstattung für die wirtschaftshörigen Regierungen rot-grüner, schwarz-roter und schwarz-gelber Färbung.
Um glaubwürdig zu erscheinen, wird nach pseudowissenschaftlichen Mäntelchen gesucht, die Otto Normalbürger nicht gleich durchschaut. So erstellt etwa ein mächtiger Wirtschafts- und Medien-Konzern obskure „Studien“ z. B. mit dem Ergebnis, der Aufenthalt in einer Krippe führe später zu einem um 40 % häufigeren Besuch eines Gymnasiums. Flugs wird noch ein „Netto-Nutzen“ in Milliardenhöhe errechnet, der bei Erhöhung der Krippenquote eintrete. Das verbreitet der Konzern dann über die eigenen Medien, gedankenlos nachgeplappert von ARD und ZDF.
Würde das stimmen, wäre die DDR wissenschaftlich und wirtschaftlich erfolgreicher als der Westen gewesen. War sie das? Ich spare mir die Antwort. Die Schüler/innen, die dort fast alle in der Krippe waren, hatten bei PISA 2000 keine besseren Ergebnisse. Aber sie zeigten bei der „sozialen Kompetenz“ in allen neuen Bundesländern durchweg schlechtere Werte als in den alten. Das stimmt mit großen Untersuchungen in den USA überein, die deutlich höhere Risiken für die spätere soziale Entwicklung bei früher Krippenbetreuung zeigten.
Warum bleibt das in unseren Massenmedien unbeachtet? Die Antwort ist traurig: Der Inhalt einer Nachricht spielt keine Rolle mehr. Was nicht zum „Mainstream“ passt, wird ignoriert; was passt, wird dagegen großartig hinausposaunt, auch wenn es noch so unsinnig ist. — Als ehemaliger DDR-Bürger habe ich immer häufiger Déjà-vus.