Tawadros II., der Patriarch der koptisch-orthodoxen Kirche Ägyptens, stellte sich offen auf die Seite der Demonstranten, die mit Massenkundgebungen den Rücktritt von Staatspräsident Mohamed Mursi fordern. Auf Twitter schrieb das Kirchenoberhaupt: „Ich zolle meinen Respekt den drei Großen Ägyptens: dem Volk, der Armee und der Jugend“.
Die Christen am Nil machten nie ein Hehl daraus, daß sie mit dem „Arabischen Frühling“ nicht zufrieden sind. Die Regierungsübernahme durch die Islamisten verschlechterte ihre Lage. Im Herbst 2012 traten alle christlichen Abgeordneten der verfassungsgebenden Nationalversammlung aus Protest gegen die Islamisierung der Verfassung zurück. Tawadros II. forderte im Namen der Christen ein „Ägypten für alle“, was konkret bedeutet, daß Ägypten nicht nur den Moslems gehört, sondern ebenso den Christen, die sich darauf berufen, schon viel länger als der Islam im Land verwurzelt zu sein.
Staatspräsident Mohamed Mursi von der Muslimbruderschaft befindet sich unter Hausarrest. Nach Ablauf des Ultimatums setzte das Militär gestern abend die von der Muslimbruderschaft durchgesetzte Verfassung außer Kraft. Zunächst wurde über den Staatspräsidenten und weitere führende Muslimbrüder ein Ausreiseverbot verhängt. Kurz darauf wurde Mursi nach einem Jahr Amtszeit abgesetzt. Das Amt des Staatspräsidenten nimmt bis zu den Neuwahlen vorübergehend der Vorsitzende des Verfassungsgerichtshofes Adly Mahmoud Mansour wahr.
Die Christen des Landes zeigen sich erfreut über das Ende der Herrschaft der Muslimbruderschaft und hoffen auf eine politische Wende, die dem Land eine Verfassung „für alle Ägypter“ gibt und den Status von Bürgern zweiter Klasse der Christen beendet. Wie die entmachtete Muslimbruderschaft und unabhängig von dieser die noch radikaleren Salafisten auf den Staatsstreich des Militärs reagieren, ist noch völlig unklar. Beide Gruppen hatten bei den vergangenen Wahlen eine Zweidrittelmehrheit im Land erreicht. Die Lage bleibt unübersichtlich und instabil.
Ergänzung 5.7.2013:
Jeder vernünftige Europäer freut sich vorerst: Noch nie seit der Wiener Türkenbelagerung ist dem politischen Islam eine so vernichtende Niederlage zugefügt worden wie nun in Ägypten. Die Absetzung des Muslimbruders Mursi ist überwältigend positiv, ganz im Gegensatz zur ersten ägyptischen Revolution. Diese war nur mit Hilfe des …
»Freiheit und Demokratie kommen nicht aus Gewehrläufen«: LePenseur kritisiert den Presse-Leitartikel und ergänzt den Titel.
Ergänzung 7.7.2013:
Kath.net: Die jungen Leute vom Tahrirplatz müssen jetzt einbezogen werden (5.7.):
… Pater Rafik Greiche, Presseverantwortlicher der katholischen Bischofskonferenz in Ägypten, hat betont, dass es sich bei der Absetzung des islamistischen Präsidenten Muhammad Mursi durch das Militär nicht um einen Staatsstreich handele. „Die Armee hat den Willen des Volkes ausgeführt. Diesen haben sie in den letzten Tagen durch Millionen Unterschriften und gewaltige Demonstrationen in Kairo und dem ganzen Land unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.“ …