Buchrezension: Die Euro-Lügner

Über Hans-Olaf Henkels neues Buch:
Carlos A. Gebauer: http://ef-magazin.de/2013/07/29/4372-buchrezension-die-euro-luegner:

… „Die Euro-Lügner“ ist somit nicht bloß eine Fortsetzung seines Buches „Rettet unser Geld“ aus dem Jahr 2010. Was seinerzeit im Untertitel vom „Euro-Betrug“ noch vergleichsweise zurückhaltend anklang, steht nun im Zentrum der Betrachtung: die bewusste und gezielte politische Täuschung des demokratischen Wählerpublikums.

Jean-Claude Juncker wird der zynischen Zwecklügen überführt, nicht ohne minutiös zu beschreiben, wie er auf der Basis pfiffig konstruierter Scheinvertrauensverhältnisse permanent Deutschland gegen Frankreich ausspielt – zum Nutzen Luxemburgs, natürlich. Was sind das eigentlich für Charaktere, fragt Henkel, denen wir Europäer unser Geld zwangsweise anzuvertrauen haben? Er bohrt sich in Details: Was ist davon zu halten, wenn Christine Lagarde von einem untreuen Schweizer gestohlene Kontodaten erwirbt, sie dem griechischen Finanzminister Giorgos Papakonstantinou in CD-Form übergibt, bei dem sie zunächst abhandenkommen, dessen Amtsnachfolger Evangelos Venizelos sie dann aber wieder als Speicherstick präsentiert, im Vergleich zur Original-CD allerdings gekürzt um die Namen dreier Verwandter von Papakonstantinou? Beflügeln am Ende solche allzumenschlichen Verstrickungen der Akteure die Autoritäten eines demokratisch nicht legitimierten Gremiums wie der Troika aus EU, EZB und IWF, das wie ein „reisendes Schnellgericht“ über die Schicksale von Volkswirtschaften entscheidet?

Umgekehrt: Warum bleiben die Mahnungen der sonst vielzitierten und gerne gehörten Heribert Prantls oder Paul Kirchhofs ungehört, dass die EU konsequent das Recht bricht? Warum schweigt das Kanzleramt die massive Kritik von Sparkassen- und Volksbankenvertretern tot? Unter der noch vergleichsweise harmlos klingenden Falschbezeichnung „Bankenaufsicht“ werden faktisch die Ersparnisse deutscher Bürger verzockt, aber Jeroen Dijsselbloem und Olli Rehn schwärmen beschönigend von einer „einheitlichen europäischen Einlagensicherung“. Faktenreich legt Henkel dar: Die von Horst Köhler konstruierten Brandmauern zwischen den europäischen Staatshaushalten zu deren Stabilisierung wurden und werden permanent eingerissen, Stück für Stück, Stein um Stein, Rechtsbruch um Rechtsbruch. Der Euro, der angeblich so hart werden sollte wie dereinst die Deutsche Mark, verkommt mehr und mehr zu einer südeuropäischen Weichwährung. Sinnbildlich dafür steht das Besetzungskarussell an der Spitze der EZB: Auf Wim Duisenberg folgte schnell Jean-Claude Trichet und dann Mario Draghi. „Konsequenterweise“, schreibt Henkel, „müsste der nächste EZB-Präsident ein Grieche sein“. Giorgos Papakonstantinou vielleicht?

Henkels Betrachtung der Lage in Deutschland gerät gesamthaft geradewegs zu einer familientherapeutischen Aufstellung eigener Art. Eine immer länger werdende Liste von angesehenen Wissenschaftlern, Politikern, Publizisten und Wirtschaftsvertretern warnt und mahnt auf der einen Seite. Die politisch Verantwortlichen auf der anderen Seite marschieren weiter, im alternativlosen Gleichschritt Richtung „Mehr Europa!“. Dass Wolfgang Schäuble, nach Henkels Einschätzung zweifelsohne hochbegabt, aber offenkundig inzwischen blind fanatisch, mit Angela Merkel bereit ist, immer mehr deutsche Kompetenzen an den Brüsseler Zentralstaat abzugeben, ohne dass sie hierbei von Akteuren wie Volker Kauder oder Peer Steinbrück gehindert würden, führt Henkel auf eine urdeutsche Seelenbefindlichkeit zurück: Das tiefsitzende kollektive historische Trauma der Deutschen zwinge sie, zur wiederholten Verwunderung ausländischer Beobachter immer wieder gegen ihre eigenen Interessen zu handeln. Ein französischer Freund Henkels brachte dies auf die kurze Formel „vom Nationalsozialismus zum Nationalmasochismus“ und Günter Verheugen wird mit der irritierenden Bemerkung archiviert, Deutschland müsse den Löwenanteil der Euro-Rettung finanzieren, „weil wir Schuld haben an zwei Weltkriegen und der Judenvernichtung“. …

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