http://www.medrum.de/content/kretschmann-haelt-am-wertewandel-der-gesellschaft-fest (28.3.):
Ministerpräsident traf sich mit Kirchenvertretern zum Gespräch über den Bildungsplan für Baden-Württemberg
(MEDRUM) Am Donnerstag löste der Ministerpräsident Baden-Württembergs seine Ankündigung ein, mit Vertretern aus kirchlichen Kreisen das Gespräch über den Bildungsplan zu führen. Die Begegnung soll in konstruktiver und vertrauensvoller Atmosphäre verlaufen sein. Ministerpräsident Kretschmann erläuterte seine Haltung, dass er für die Akzeptanz sexueller Vielfalt in der Gesellschaft stehe. Die Vertreter aus kirchlichen Kreisen machten klar, dass sie einer Verankerung der Akzeptanz sexueller Vielfalt als gesellschaftlicher Norm im Bildungsplan nicht zustimmen können. Sexuelle Vielfalt sei nicht in gleicher Weise normgebend wie die Ehe von Mann und Frau.
Kretschmanns Credo: Bekenntnis zur sexuellen Vielfalt
Im Gespräch über den Bildungsplan wies Ministerpräsident Winfried Kretschmann von sich, in den Schulen auf die Gesinnung Einfluss nehmen zu wollen.
„Wir machen keinen Gesinnungslehrplan in Baden-Württemberg“, sagte Kretschmann am Donnerstagabend in seinem Gespräch mit führenden Vertretern des Pietismus, der evangelikalen Bewegung und Kreisen der Evangelischen Landeskirchen [… Teilnehmerliste unten].
Gleichzeitig bekräftigte der Ministerpräsident, er stehe zum Wertewandel in unserer Gesellschaft und werde daran festhalten, dass sexuelle Vielfalt in unserer Gesellschaft akzeptiert würde. Ziel der Verankerung der Thematik „sexuelle Vielfalt“ im Bildungsplan sei, Schülerinnen und Schülern noch deutlicher als bisher Wertschätzung, Toleranz und Weltoffenheit zu vermitteln. Die Landesregierung bekenne sich deswegen auch zur Akzeptanz von sexueller Vielfalt. Wörtlich sagt er weiter: „Diese ist für mich ein Ausdruck einer liberalen Verfassungsordnung.“
Ja zum Gender Mainstreaming, aber nein zu Gender-Theorien
Die Vertreter aus kirchlichen Kreisen haben bei ihrem Treffen mit Kretschmann ihre Kritik erneuert: „Das Menschenbild, das einen Bildungsplan orientiert, hat dem Menschenbild zu entsprechen, das Landesverfassung und Schulgesetz zugrunde liegt“, so Pfarrer Steffen Kern. Im vorliegenden Entwurf zum Bildungsplan werde das christliche Menschenbild verlassen, für das „das Gegenüber von Mann und Frau grundlegend“ sei. Stattdessen ginge man von der Ideologie des Gender Mainstreaming aus, nach der es nicht nur zwei, sondern eine Vielzahl von Geschlechtern gebe. Kretschmann meinte zu dieser Problematik, er stehe für das Gender Mainstreaming und trete für die Gleichberechtigung von Mann und Frau ein, vertrete aber nicht dahinterstehende Gender-Theorien, die ein anderes Menschenbild propagierten. Dass sich der Bildungsplan am Schulgesetz und an der Landesverfassung orientiere, sei dabei selbstverständlich.
Kirchenvertreter: Achtung jedes Menschen, aber Ehe ist normgebend
Die Kritiker des Bildungsplanes hielten Kretschmann entgegen, die „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ dürfe nicht als pauschale Norm von Schülern gefordert werden. Der freiheitliche Staat habe verschiedene Gesinnungen zu akzeptieren. Als vorzügliche Lebensform habe die Ehe von Mann und Frau zu gelten, die im Grundgesetz in besonderer Weise geschützt sei: „Wir achten jeden Menschen – völlig unabhängig von seiner sexuellen Orientierung. Gegenüber jeder Person gilt unsere Toleranz und volle Akzeptanz, mehr noch: unsere Wertschätzung, unser Respekt, ja von unserer christlichen Gesinnung her unsere Nächstenliebe. Der Bildungsplan jedoch fordert die Akzeptanz sexueller Vielfalt als gesellschaftliche Norm. Wir halten sexuelle Vielfalt jedoch keinesfalls in gleicher Weise normgebend wie die Ehe von Mann und Frau.“ Zu Ehe und Familie meinte der Ministerpräsident, es müsse nachgedacht werden, wie Ehe und Familie positiv aufgenommen werden könne. Kretschmann unterstrich ferner, es gelte das Recht der freien Meinungsäußerung, auch an der Schule. „Wir halten uns an das Menschenbild der Verfassung”, so Kretschmann. Im Kern gehe es um Toleranz und die Beseitigung von Diskriminierung.
Keine einseitige Fokussierung auf Akzeptanz sexueller Vielfalt
Staatssekretär Ingo Rust wies auf den vorläufigen Charakter des Bildungsplanes hin. Das bekannt gewordene Papier zum Bildungsplan sei lediglich ein Arbeitspapier, das noch verändert würde. Die Kirchenvertreter forderten für die Überarbeitung des Planes: „Ersetzen Sie die einseitige Fokussierung auf die Akzeptanz sexueller Vielfalt durch die Akzeptanz und Wertschätzung aller Menschen, insbesondere auch von Menschen mit Behinderungen, Migranten, alten Menschen und Angehörigen verschiedener Religionen.” Diese seien in viel größerer Zahl einer zum Teil stärkeren Diskriminierung ausgesetzt als Menschen mit verschiedensten sexuellen Orientierungen.
Forderungen der kirchlichen Vertreter
Aus dem Kreis der Vertreter der Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften wurden darüber hinaus eine Reihe weiterer Positionen und Forderungen eingebracht:
„Der Bildungsplan ist in seiner Struktur zu komplex und so nicht umsetzbar: Nehmen Sie sich Zeit zu einer grundlegenden Neuerarbeitung.
- Wir treten für die Freiheit aller ein und wenden uns gegen Diskriminierung verschiedenster Minderheiten. Um auch die Wortwahl der öffentlichen Debatte aufzugreifen: Es darf nicht sein, dass auf dem Schulhof Beschimpfungen wie „schwule Sau“ gerufen werden und das womöglich ohne Widerspruch. Es darf aber auch nicht sein, dass christliche Jugendliche, die das Lebensmodell Ehe und Familie als vorzüglich beschreiben, als „Nazi-Schwein“ beschimpft werden. Auch das geschieht an unseren Schulen. Wir haben darum auch eine Verantwortung, dem inflationären Homophobie-Vorwurf entgegenzutreten. Auch dieser ist in erheblichem Maße diskriminierend. Das gilt im Blick auf die Medien, das gilt zuerst aber für Politikerinnen und Politiker.
- Achten Sie auf die Freiheit des Diskurses! Das Programm des „Gender Mainstreaming“ hat die Gefahr der Ideologisierung der Gesellschaft, insofern es über die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Akzeptanz aller Menschen hinausgeht. Es wirkt dann totalitär, wenn versucht wird, verschiedenste gesellschaftliche Institutionen mit einem anderen Menschenbild als dem der Verfassung zu durchdringen, etwa das Bildungssystem. (Im Übrigen darf die Deutungshoheit über Geschlechterfragen nicht den LSBTTI-Lobbygruppen überlassen werden.)
Finden Sie zu einer neuen politischen Wertschätzung der Ehe von Mann und Frau sowie der Familie als Keimzelle der Gesellschaft. Sie ist nach wie vor für die ganz überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land – insbesondere auch der jungen Menschen, wie verschiedene Jugendstudien zeigen – das priorisierte Lebensmodell. Wenn es eine Querschnittsaufgabe in den Bildungsplänen geben muss, wäre dies die verfassungsrechtlich gebotene und für eine nachhaltige Gesellschaft zukunftsträchtige.
- Wir suchen das Gespräch. Wir wollen keinen Kulturkampf und treten einer eskalierenden Auseinandersetzung entgegen. Gerade darum bitten wir mit Nachdruck um eine tiefgreifende Veränderung des Bildungsplanes.“
Kretschmanns Fazit
Kretschmann machte deutlich, dass das Gespräch für ihn den Charakter eines grundsätzlichen Austauschs hatte und zu einer Versachlichung der Debatte um den Stellenwert von sexueller Vielfalt geführt habe. Es sei damit ein weiteres Zeichen für die Politik des Gehörtwerdens. Kretschmann wörtlich: „Zwischen Landesregierung und Kirchen gibt es keine Differenz in der Zielsetzung, die Schulen zu einem Ort des gegenseitigen Respekts und der Toleranz zu machen.“ Zugleich räumte Kretschmann ein, dass Formulierungen im Arbeitspapier zum Bildungsplan zu Missverständnissen geführt hätten, die im laufenden Verfahren zeitnah ausgeräumt werden sollten. Dies ändere aber nichts an dem Anliegen, Menschen vor Intoleranz und Diskriminierung zu schützen. Zugleich wies Kretschmann darauf hin, dass der Staat jedoch weltanschaulich neutral bleiben müsse und deswegen religiöse Wertvorstellungen nicht für die Kirchen durchsetzen dürfe. Er verwies die Kirchenvertreter auf den Dialog in der Gesellschaft: „Deswegen möchte ich die Kirchen und die Religionsgemeinschaften ermuntern, sich in die plurale Gesellschaft mit ihren Wertvorstellungen einzubringen.”
Hartmut Steeb: wichtige Etappe
Der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, wertete das Gespräch mit den Worten: „Es ist sicher eine wichtige Etappe auf dem Weg zur Überarbeitung des Bildungsplanes.„
Gesprächsteilnehmer 27.3.2014:
- Pfarrer Theo Breisacher
- Tabea Dölker, Mitglied des Rates der EKD
- Pfarrer Dr. Gerrit Hohage
- Pfarrer Steffen Kern, Vorsitzender des Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Württemberg „die Apis“
- Pfarrer Detlev Krause, Direktor der Liebenzeller Mission
- Pfarrer Dr. Rolf Sons, Rektor des Albrecht-Bengel-Hauses
- Martin Scheuermann, Direktor Schönblick
- Hartmut Steeb, Generalsekretär der DEA
- Pfarrer Udo Zansinger vom Friedrich-Hauß-Studienzentrum
———————————
Ergänzung:
http://www.freiewelt.net/nachricht/ich-werde-nicht-zuruckrudern-10028397/ (27.3.):
Der baden-württembergische Kultusminister ist nicht bereit auf die Sorgen der Gegner des Bildungsplans 2015 einzugehen, wie er in der Kontextwochenzeitung erklärt.
Im Interview mit der Kontextwochenzeitung macht der baden-württembergische Kultusminister Andreas Stoch klar, wie wenig er die Besorgnisse der Bildungsplangegner ernst nimmt.
»Ich werde nicht zurückrudern. Ich habe zu meinen Mitarbeitern, nachdem die Petition herauskam, gesagt: Wir müssen deutlich machen, wie hier mit Unterstellungen gearbeitet wird.«Zugleich deutet Stoch an, dass der Bildungsplan verschoben werden könnte. Es gelte zu diskutieren, ob sich »die hohe Qualität«, die man liefern wolle, »in dem Zeitrahmen 2015/16 noch halten lässt.« Man überprüfe dies derzeit. Bereits ein Verschieben des Bildungsplans können seine Kritiker als einen Teilerfolg werten.
Den Unterzeichnern der Online-Petion »Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens« unterstellt er, nicht in allen Fällen gewusst zu haben, wofür sie sich genau einsetzen.
Er hätte »mitgekriegt, wie diese 192 000 Unterschriften oder besser gesagt Klicks zustande gekommen sind.« Er kenne Kirchliche Vereinigungen, die für die Petition geworben hätten mit dem Hinweis, »Hier könne man sich für den Wert von Ehe und Familie einsetzen.«
Mehr auf: kontextwochenzeitung.de
———————————-
Ergänzung 30.3.2014:
Werner Reichel: http://ef-magazin.de/2014/03/27/5118-ideologie-die-linke-und-die-kinder:
… Der Bildungsplan in Baden-Württemberg mit der Zwangssexualisierung kleiner Jungen und Mädchen ist ein Beispiel dafür. Was eine solche Indoktrination mit der Psyche, der Gedanken- und Gefühlswelt eines kleinen Kindes anrichtet, ist den selbstherrlichen Apologeten der Gender-Öko-Multikulti-Ideologie egal. Wo gehobelt wird, da fallen eben Späne. Viele dieser Genderisten haben keinen eigenen Nachwuchs, ihnen mangelt es an Empathie. Deshalb ignorieren auch die linken Medien und Politiker die ständig wachsende rassistische Gewalt gegenüber autochthonen Schulkindern. Man ignoriert das Problem und damit das täglicher Leid der Tausenden „Kartoffel“-Kinder. Kollateralschäden am Weg in eine „bessere“ Welt.
Und um diese sozialistische Utopie Wirklichkeit werden zu lassen, müssen die Kinder möglichst früh und effektiv geformt und bearbeitet werden. Deshalb ist es auch einer der Hauptziele linker Politiker, bereits Kleinkinder aus dem Familienverband zu reißen. Dort haben die politisch korrekten Ideologen zu wenig Einfluss auf die Bälger des Klassenfeindes. In staatlicher Obhut kann man sie besser formen und dressieren. Die EU braucht schließlich ihren stromlinienförmigen unkritischen und politisch-korrekten Einheitsbürger. Die linken Sozial- und Geisteswissenschaften liefern bedarfsorientiert die passenden Erkenntnisse und Forschungsergebnisse, um jede noch so absurde gesellschaftspolitische Maßnahme „wissenschaftlich“ untermauern zu können.
Im Dienste des Sozialismus kann man auf die echten und unterschiedlichen Bedürfnisse von Kindern keine Rücksicht nehmen. Sie sind ebenso wie Einwanderer oder Schwule nur Versuchskaninchen der sozialistischen Gesellschaftingenieure.
———————————–
Ergänzung 31.3.2014:
In einem großartigen Beitrag verteidigt Peter Helmes die Familie gegen den Genderismus:
http://michael-mannheimer.info/2014/03/28/gender-politik-unsere-politiker-vorn-dran-die-rotgruenen-arbeiten-am-tod-der-familie/
—————————————
Ergänzung:
Mathias von Gersdorff: http://kultur-und-medien-online.blogspot.co.at/2014/03/gegner-des-bildungsplanes-2015-durfen.html (31.3.):
Gegner des Bildungsplanes 2015 dürfen Fokus nicht auf Kretschmann reduzieren
In der vergangenen Woche wurden mehrere bedeutsame Wortmeldungen zur Debatte um den „Bildungsplan 2015“ bzw. um das Leitprinzip „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ veröffentlicht.
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bekräftigte am 26. März 2014 in einem Interview für die Wochenzeitung Kontext seine Haltung, nichts an der „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ ändern zu wollen. Zudem äußerte er sich erneut abfällig über die Gegner des Bildungsplanes.
Nachdem sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am 27. März 2014 mit evangelikalen, pietistischen und landeskirchlichen Vertretern getroffen hatte, veröffentlichte das Staatsministerium eine Presseerklärung. Dort erklärt sich Kretschmann zu Gesprächen und Verhandlungen bereit, doch eine grundsätzliche Änderung an seiner Haltung hinsichtlich der Einführung „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ in den Schulen ist nicht zu erkennen: „Die Landesregierung bekenne sich deswegen auch zur Akzeptanz von sexueller Vielfalt“. Die Bedenken der Gegner hält er für Missverständnisse, die aufgrund der ungeschickten Redaktion entstanden sind: „Allerdings hätten Formulierungen im Arbeitspapier zum Bildungsplan zu Missverständnissen geführt, die im laufenden Verfahren zeitnah ausgeräumt werden sollten.“
Wenig war zu hören von den kirchlichen Vertretern an dieser Runde. Pfarrer Steffen Kern, Vorsitzender des Evangelischen Gemeindeverbands, veröffentlichte eine längere Stellungnahme auf der Internetseite der „Evangelischen Allianz“. Er stellt fest, dass es erhebliche Meinungsunterschiede gibt, doch er hofft, dass man eine Verständigung über Verhandlungen findet: „Wir suchen das Gespräch. Wir wollen keinen Kulturkampf und treten einer eskalierenden Auseinandersetzung entgegen“.
Auch der Generalsekretär der „Evangelischen Allianz“, Hartmut Steeb, setzt auf Gespräche. Laut einer Meldung von IDEA am 28. März 2014 sagte er: „Die Begegnung am 27. März sei eine „Etappe auf dem Weg“ gewesen“.
Es ist wichtig zu beachten, dass Kretschmann weder Vertreter der Initiative rund um Gabriel Stängle, die für die Petition „Kein Bildungsplan 2015 unter der Ideologie des Regenbogens“ etwa 200.000 Unterschriften gesammelt haben, noch Vertreter der Initiative „Schützt unsere Kinder“, die die beiden Demonstrationen auf dem Stuttgarter Schlossplatz organisiert haben, eingeladen hat. Sowohl Petition wie auch die beiden Demonstrationen stießen auf ein sehr großes Medienecho.
Damit scheint die Strategie des Grün-Roten Lagers klar zu sein: Nur die Gegner des Bildungsplanes, die vorwiegend auf Gespräche setzen, werden überhaupt angehört und beachtet. Das geht so weit, dass Gabriel Stängle keine Reaktion auf seine Petition erhalten hat, obwohl die Unterschriften schon am 30. Januar übergeben worden sind. Möglicherweise versucht das Grün-Rote Lager damit auch einen Keil zwischen die Gegner zu treiben.
Jedenfalls scheinen die christlichen Vertreter zufrieden mit dem Gespräch am 27. März zu sein. Gegenüber dem Magazin „Pro“ sprach Pfarrer Steffen Kern von einer „guten, vertrauensvollen Atmosphäre“. „Der mehrstündige Austausch sei konstruktiv und ehrlich gewesen. „Es gab eine Hörbereitschaft auf beiden Seiten mit dem Versuch, ein gegenseitiges Verstehen zu erreichen“, so Kern in „Pro“.
Bei aller Liebe zum Gespräch: Auch wenn Kern, Steeb & Co. der Auffassung sind, der Ministerpräsident wolle tatsächlich ernsthafte Gespräche durchführen, dürfen sie das grün-rote Lager nicht auf Kretschmann reduzieren, sondern müssen auch Andreas Stoch und sonstige Interessengruppen im Auge behalten. Man muss berücksichtigen, dass Andreas Stochs Interview mit „Kontext“ nur einen Tag vor dem Treffen am 27. März 2014 erschienen hat. Das ist nicht ganz ohne. Es sah ganz so aus, als wolle Stoch verhindern, dass Kretschmann Zugeständnisse macht. Oder er sprach zum grün-roten Klientel, die über den „Bildungsplan 2015“ und das Leitprinzip „Akzeptanz sexueller Vielfalt“ die Gender-Theorie in Baden-Württemberg durchsetzen wollen.
Was auch immer die Absichten waren: Während Kretschmann sanfte Worte für die Christen findet, hält Stoch die LGBTI-Gruppen und sonstige Basisgruppen wie Grüne Jugend, Jusos usw. bei der Stange.
Unter diesen Voraussetzungen können die Gegner des Bildungsplanes nur verlieren, falls sie nur auf Gespräche und Verhandlungen setzen. Gott sei Dank wurde generell im Lager der Gegner des Bildungsplanes erwartet, dass Kretschmann nichts an seiner grundsätzlichen Haltung ändert. Die Erwartungen waren dermaßen niedrig, dass sich schon vor dem Treffen am 27. März ein Aktionsbündnis gebildet hatte, das zu einer dritten Demonstration in Stuttgart am 5. April um 15:00 aufgerufen hat. Gäbe es diese Reaktion an der Basis nicht, wäre die Sache der Elternrechte wahrscheinlich schon verloren. Allerdings muss festgestellt werden, dass man Teilnehmerzahlen von zehntausenden oder gar hunderttausenden erst dann erreichen wird, wenn alle Gegner des Bildungsplanes 2015 dazu aufrufen.
———————-
Ergänzung 1.4.2014:
Albert Wunsch: http://www.freiewelt.net/10028729-10028729/ Staatskanzlei antwortet Erziehungsexperten (1.4.):
Beschwichtigende Worte und kein Aufgreifen der vorgetragenen Argumente für einen neuen Bildungsplan in Baden-Württemberg. Ein als Antwortschreiben verfasster Brief aus dem Umfeld von Ministerpräsident Kretschmann, welcher selbst für fachliche Argumente eines Hochschullehrers für das Modul: Pädagogik der Kindheit keine Zeit hat.
Auf welche Türöffner konnten wohl die Befürworter aus der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Transgender-, Transsexuellen- und Intersexuellen-Szene (LSBTTI) beim Durchsetzen ihrer eigenen Interessen setzen? Als Erklärung drängt sich auf: Es geht hier weder um Argumente aus erziehungswissenschaftlicher oder psychologischer Sicht noch um ein Interesse am Kindeswohl, sondern um das Durchpeitschen eigener Ziele.
Hätten die Grünen dies in ihr Partei-Programm geschrieben, hätten alle Wählerinnen und Wähler gewusst, auf was sie sich mit dem Grünen-Spitzenkandidaten Herrn Kretschmann einlassen. …
————————–
Ergänzung 2.4.2014:
http://www.kath.net/news/45465 Widerstand lohnt sich (1.4.):
Zum Treffen des baden-württembergischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit neun evangelikalen Repräsentanten. Ein Kommentar von Helmut Matthies (idea)
Stuttgart (kath.net/idea) Der hochumstrittene Entwurf des Bildungsplans 2015 der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg wird überarbeitet. Diese klare Ankündigung machte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einem Spitzengespräch, zu dem er neun evangelikale Repräsentanten [???] am 27. März in Stuttgart eingeladen hatte. Das war noch am Jahresende kaum denkbar. Das Umdenken hatten weder die oppositionelle CDU (die bei diesem Thema zunächst schwach und gespalten war) bewirkt noch in erster Linie die evangelischen und katholischen Kirchen. Sie übten zwar Kritik (besonders die württembergische), doch sie wurde konterkariert beispielsweise von zustimmenden theologischen Aussagen durch einen badischen Oberkirchenrat. So ist es vor allem ein Erfolg einiger mutiger evangelikaler Christen. Sie wollten sich nicht damit abfinden, dass schon in der Grundschule sexuelle Vielfalt fächerübergreifend positiv dargestellt werden und nicht mehr Ehe und Familie Vorrang haben soll. Stattdessen geht es hauptsächlich um LSBTTI-Menschen (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transsexuelle, Intersexuelle). Eine kleine Minderheit soll der großen Mehrheit in den Schulen ständig als gleichwertige Alternative präsentiert werden.
Es begann mit dem Mut eines Lehrers
Der öffentliche Widerstand begann mit einem Realschullehrer aus dem Schwarzwald. Gabriel Stängle stellte Ende November eine Petition an den Landtag gegen den Bildungsplan ins Internet, die innerhalb kürzester Zeit fast 200.000 Unterschriften erhielt. Als dann noch aufsehenerregende Demonstrationen dazu kamen, erhielten evangelikale Christen eine Medienpräsenz wie nie zuvor. Besonders der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, der Stuttgarter Hartmut Steeb, konnte gar nicht alle Anfragen von Fernsehanstalten für Interviews und Gesprächsrunden wahrnehmen, wobei ihm gleichzeitig eine Woge von Hass entgegenschlug. Dazu gehörten ein falsches Zitat des Moderators und Unwahrheiten des baden-württembergischen Kultusministers in der SWR-Sendung Nachtcafé.
Aus Angst vor der nächsten Wahl?
Spürte Ministerpräsident Kretschmann, dass er die nächste Landtagswahl gegen so viel „Christenmacht“ nicht gewinnen kann? Hat er deshalb evangelikale „Häupter“ zum Gespräch eingeladen? Was Evangelikalen hier als Ergebnis politisch möglich wurde [???], ist ihnen auf kirchlicher Ebene weder beim umstrittenen Pfarrdienstrecht noch bei der ebenfalls heiß umkämpften Orientierungshilfe der EKD zu Ehe und Familie gelungen. Kirchenleiter werden eben nicht wie Politiker vom Kirchenvolk gewählt. Solange die Synoden bis auf wenige Ausnahmen weithin linksliberal besetzt sind und die Kirchensteuern fließen, braucht man offensichtlich auf Evangelikale wenig Rücksicht zu nehmen. Da geht es in der Politik demokratischer zu.
Eine Ermutigung für evangelikale Christen
Der Streit um den Bildungsplan hat jedenfalls gezeigt: Widerstand lohnt sich, wenn er sachlich erfolgt und auch das Internet als das freieste aller Medien genutzt wird. Auf jeden Fall ermutigt die Entwicklung in Baden-Württemberg die oft resignierte Schar theologisch konservativer Protestanten, nicht alles hinzunehmen, was an Unbiblischem auf den Plan tritt.
Der Autor, Helmut Matthies, ist Leiter der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar).
—————————
Ergänzung 3.4.2014:
Wertschätzung sexueller Vielfalt bleibt trotz Überarbeitung des Bildungsplanes die Leitvorstellung der grün-roten Landesregierung
Ein Zwischenruf von Kurt J. Heinz
(MEDRUM) Die Begegnung von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit Kirchenvertretern am 27. März 2014 hat Hoffnungen ausgelöst, die grün-roten Bildungspläne zur sexuellen Vielfalt würden geändert. Es gibt jedoch vielfach Grund zu der Annahme, dass kaum substantielle, sondern lediglich vordergründige, womöglich marginale Änderungen zu erwarten sind.
Diffamierungen im Vorlauf des Gespräches mit Kirchenvertretern
Noch vor wenigen Wochen mussten sich Kritiker der grün-roten Bildungspläne den Vorwurf Kretschmanns anhören, sie seien „religiös imprägniert“. Die grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch ging sogar so weit, in einer Landtagsrede zu erklären, der Initiator der Petition „Kein Bildungsplan 2015 unter der Regenbogen-Ideologie“ habe in einer toleranten und aufgeklärten Gesellschaft nichts verloren. Und Kultusminister Stoch (SPD) wies in einer Fernseh-Talkrunde die Vorstellung von Hartmut Steeb, Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, im Bildungsplan sollte vor allem die Bedeutung von Ehe und Familie dargestellt werden und die Kirchen könnten nicht alles segnen, was sich Menschen wünschten, mit dem Vorwurf zurück, Steebs Interpretation des Christentums sei menschenverachtend.
Keine Wiederholung der Missklänge
In seinem jetzigen Gespräch mit Kirchenvertretern, darunter auch Hartmut Steeb, vermied es Kretschmann, derartige Töne anzuschlagen. Die vorher gehörten Missklänge wiederholten sich also nicht. Es sei ein Gespräch in konstruktiver Atmosphäre gewesen, hieß es aus dem Kreis der Kirchenvertreter. Kretschmann selbst schien bemüht gewesen zu sein zu dokumentieren, dass er für eine Politik des „Gehörtwerdens“ steht. Immerhin kamen die Kirchenvertreter nach eigenen Angaben ausgiebig zu Wort und trugen ihre Vorstellungen zum Bildungsplan und Forderungen für eine Überarbeitung vor. Steeb meinte, das Gespräch sei eine wichtige Etappe auf dem Weg zum Bildungsplan gewesen. Es ist also verständlich, wenn aus dem Kreis der Gesprächsteilnehmer und in einigen kirchlich orientierten Medien die Hoffnung gewachsen ist, dass ihre Kritik bei einer Überarbeitung des Bildungsplanes Früchte trägt.
Kein Platz im Bildungsplan für religiös geprägte Vorstellungen
Andererseits gibt es ebenso handfeste Gründe, keine allzu großen Erwartungen mit der angekündigten Überarbeitung zu verbinden. Das zeigen zunächst die Entgegnungen Kretschmanns, dass er am Wertewandel in der Gesellschaft und am Ziel festhält, in den Schulen für die Wertschätzung der sexuellen Vielfalt zu sorgen, und ebenso seine Aufforderung an die Kirchenvertreter, die Landesregierung sei zur Neutralität verpflichtet, sie sollten ihre Vorstellungen in den Dialog in der Gesellschaft einbringen. Kretschmann: „Deswegen möchte ich die Kirchen und die Religionsgemeinschaften ermuntern, sich in die plurale Gesellschaft mit ihren Wertvorstellungen einzubringen.” Mit anderen Worten, so können Kretschmanns Äußerungen gedeutet werden: Im Bildungsplan der Landesregierung werden sich ihre religiös geprägten Vorstellungen kaum wiederfinden.
Abwandlung von Formulierungen, aber Beibehaltung der grün-roten Unterrichtspraxis
Dass Kretschmann an seiner Linie der sexuellen Vielfalt – unabhängig von Änderungen in der Formulierung – festhalten will, zeigen insbesondere Stellungnahmen, die nach Kretschmanns Gespräch aus seinem Hause und in seinem Namen zum Bildungsplan abgegeben werden. Darin wird zwar seine Äußerung wiederholt, Formulierungen im Arbeitspapier hätten offensichtlich zu Missverständnissen geführt, die im laufenden Verfahren ausgeräumt werden sollen. Doch danach heißt es zugleich weiter, nach einem Gespräch mit Kultusminister Stoch habe Kretschmann ebenso betont, dies werde, „wie immer die Formulierungen abgewandelt werden, an der Unterrichtspraxis, wie die Landesregierung sie vor Augen hat, nichts ändern.“
Politik des Gehörtwerdens muss Bereitschaft zur Änderung einschließen
Die Beibehaltung des grün-roten Kurses der sexuellen Vielfalt wird schließlich weiterhin durch die Tatsache unterstrichen, dass Kretschmann weder in der Substanz Zusagen gemacht noch sich von all jenen Äußerungen distanziert hat, mit denen Kritiker des Bildungsplanes im Vorfeld diskreditiert wurden. Wer als Ministerpräsident eine Politik des Gehörtwerdens glaubwürdig vertreten will, sollte sich von Verunglimpfungen, wie sie Hartmut Steeb von einem Kabinettsmitglied der Landesregierung widerfahren sind, auch öffentlich vernehmbar distanzieren. Zu dieser Glaubwürdigkeit gehört aber vor allem auch, dass er nicht nur ein Gespräch um des Gespräches willen führt, sondern auch belegt, dass mehr geschieht, als Gesprächspartner nur anzuhören. Denn – wie immer Formulierungen abgewandelt werden – am Ende ist entscheidend, ob die Landesregierung bereit ist, auch kritische Vorstellungen aufzunehmen und die eigenen Vorstellungen – insbesondere die Unterrichtspraxis, auf die es letzlich ankommt – zu ändern.
***********************************************************************************