Dieter Stein: http://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2014/das-deutsche-wunder/ (9.11.):
So eine Nacht wird wohl zu unseren Lebzeiten nicht mehr wiederkehren. Nach der überraschenden Öffnung der Berliner Mauer vor 25 Jahren, am 9. November 1989, entluden sich augenblicklich lange aufgestauter Schmerz, unterdrückte Trauer, eingepanzerte Verzweiflung und verwandelten sich in eine Welle unendlicher Freude und Begeisterung, die uns in einen Zustand glücklicher Schwerelosigkeit versetzte. Ausgerechnet der graue Monat November, der das Land sonst in Dunkelheit, Nässe und Kälte hüllt, schenkte unserer zerrissenen Nation den lange ersehnten politischen Frühling.
Mit Hammer und Meißel hieben wir auf die Mauer ein, die sich als riesiger 168 Kilometer langer steinerner Lindwurm durch die geteilte Hauptstadt zog. Gleich in der ersten Nacht machten sich Tausende über den armierten Beton her und schlugen Stücke als Erinnerung heraus. Das Hämmern und Klopfen der „Mauerspechte“ verschmolz zur Melodie dieser Tage: Dieses Monument totalitärer Macht, das mit Chris Gueffroy am 6. Februar 1989 sein letztes Todesopfer forderte, fällt unter der Kraft der vielen, die sich zu einem Volk vereinigen, bevor es Bürokraten beschließen mußten.
… Deutschland – das schien bis zum 9. November 1989 nur noch ein Phantom, ein Utopia weniger Träumer. Auseinandergefallen in die westdeutsche Bundesrepublik und die mit Todesstreifen, Mauer und Stacheldraht eingehegte DDR. …
—————————–
Ergänzung:
Mit Glasnost und Perestroika hat Michail Gorbatschow die Wiedervereinigung Deutschlands möglich gemacht. 25 Jahre später ist der frühere sowjetische Staats- und Parteichef tief enttäuscht vom Westen: Er fordert ein Umdenken im Verhältnis zu Russland.
… Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt sagte der 83 Jahre alte Gorbatschow am Samstag: „Die Welt ist an der Schwelle zu einem neuen Kalten Krieg. Manche sagen, er hat schon begonnen.“ In den letzten Monaten habe sich ein „Zusammenbruch des Vertrauens“ vollzogen.
Der Friedensnobelpreisträger, der als einer der Väter der deutschen Einheit gilt, warf dem Westen und insbesondere den Vereinigten Staaten vor, ihre Versprechen nach der Wende 1989 nicht gehalten zu haben. Stattdessen habe man sich zum Sieger im Kalten Krieg erklärt und Vorteile aus Russlands Schwäche gezogen. „Die Ereignisse der vergangenen Monate sind die Konsequenzen aus einer kurzsichtigen Politik, aus dem Versuch, vollendete Tatsachen zu schaffen und die Interessen des Partners zu ignorieren.“ …
——————————————
Ergänzung 10.11.2014:
Adorján F. Kovács: http://www.freiewelt.net/nach-25-jahren-die-ddr-lebt-10046787/ (9.11.):
Heute, am Tag der Berliner Jubelfeiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, schreibt Harald Martenstein im „Tagesspiegel“ einen grandiosen Beitrag, der zusammenfasst, was viele Leser der „Freien Welt“, wie ich den Kommentaren seit Jahren entnehme, auch fühlen: „Die DDR lebt. Zumindest zum Teil. In einigen Bereichen nähert sich das vereinigte Deutschland immer mehr dem Zustand an, in dem die DDR gewesen ist.“ …
———————–
Mehr als eine Million Menschen feierten am Sonntag die Öffnung der innerdeutschen Grenze vor 25 Jahren. Höhepunkt war eine inszenierte Lichtgrenze mit Ballons, die in den Himmel aufstiegen. …
**************************************************************************************
http://www.nachdenkseiten.de/?p=23902