(Tripolis/Kairo) Gestern, Sonntag, wurde zur Gewißheit, was die Christen Ägyptens schon seit Tagen befürchtet hatten. Die 21 koptischen Ägypter, die in Libyen von Islamisten gefangengehalten wurden, sind tot. Ein gestern bekanntgewordenes Video zeigt ihre Hinrichtung.
Die 21 Kopten waren als Gastarbeiter im Nachbarland Libyen tätig. Ihre Enthauptung wurde von den Islamisten in einen eindeutigen religiösen Zusammenhang gestellt. Das Bekennervideo spricht von einer „mit Blut geschriebenen Botschaft an die Nation des Kreuzes“. Die koptische Kirche wird als „feindliche ägyptische Kirche“ bezeichnet. Unklar ist hingegen die Anrede der ägyptischen Kopten als „Kreuzritter“.
… Im Bekennervideo heißt es in Anspielung auf die geographische Lage Libyens: „Wir sind südlich von Rom“. Eine Drohung gegen die Christenheit, deren Zentrum die Islamisten in Rom lokalisieren. Einige westliche Regierungen schlossen vorerst ihre diplomatischen Vertretungen im Mittelmeeranrainerstaat und forderten ihre Staatsangehörigen auf, das Land zu verlassen.
… Das Schreckensvideo zeigt die 21 gefesselten Christen in Ketten und oranger Gefangenenkleidung, wie sie von den USA verwendet wird. Sie wurden an den Strand des Mittelmeers geführt, mußten sich vor ihren vermummten Henkern niederknien und wurden ermordet. Die Inszenierung dient dem Kampf der Bilder, die eine eigene Wirkmächtigkeit haben. Sie will Vergeltung signalisieren für Moslems in amerikanischer Gefangenschaft, wie sie Bilder von Abu Graib oder Guantanamo zeigten. Dahinter steht die Gleichsetzung der USA mit dem Christentum. Eine Gleichung, die viele Christen entschieden zurückweisen würden, die aber in der Ideologie der Islamisten eine feste Größe darstellt.
… Libyen befindet sich seit dem Sturz von Muammar al-Gaddafi im völligen Chaos. Das Land ist in viele von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen kontrollierte Teile zerfallen. Darunter befinden sich mehrere islamistische Milizen, die sich dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen haben. Die Ausbeutung der Bodenschätze, vor allem der Erdöl- und Erdgasvorkommen, geht seit dem Sturz des Langzeit-“Revolutionsführers“ unverdrossen weiter, allerdings mit neuverteilten Karten, jenen des NATO-Expeditionscorps von 2011. …
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Ergänzung:
http://www.kna.de/webnews/kwn09/urn_newsml_kna.de_20130101_150216-89-00023-2.html Hinrichtung koptischer Christen löst Entsetzen aus (16.2.):
… Die Opfer seien Gastarbeiter auf dem Heimweg nach Ägypten gewesen, sagte der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, gegenüber „Bild.de“. Es habe nie eine Lösegeldforderung gegeben, und die Behörden in Ägypten hätten nicht geholfen. „Und jetzt wurden diese Menschen getötet, nur weil sie Christen sind“, so Damian. Die Islamisten machten den Alltag der koptischen Christen in der Region bereits seit Jahren „sehr, sehr schwer“.
Ägypten reagierte Medienberichten zufolge mit einem Luftangriff auf das Video: Am frühen Morgen sollen Stellungen des IS in Libyen angeflogen worden sein.
Die Kopten sind die größte christliche Gemeinschaft in Ägypten. Sie führen ihre Anfänge auf den Evangelisten Markus zurück. Realistische Angaben über Mitgliederzahlen schwanken zwischen sieben und zehn Millionen unter den insgesamt rund 80 Millionen Einwohnern Ägyptens. Etwa eine weitere halbe Million Kopten lebt in anderen Ländern, davon schätzungsweise 6000 in Deutschland. …
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Ergänzung:
Kommentator Heinrich Jäger stellt richtig: http://www.medrum.de/content/barbarischer-toetungsakt-der-isis-an-21-koptischen-christen#comment-6458 Keine Hinrichtung, sondern Massenmord! (16.2.):
Ich fass es mal wieder nicht. Wieder ein entsetzliches Verbrechen, ein Massenmord im Namen des islamischen Gottes. Und unsere Medien sprechen von „Hinrichtung“. Welches Verbrechen haben diese 21 Menschen begangen? Welches legale Gericht hat über sie geurteilt? Wo waren die Verteidiger? Wo das rechtsstaatliche Verfahren? Nein! Hier gab es keine Hinrichtung, sondern einen verbrecherischen Massenmord und das sollte man auch den Machern der Bild-Zeitung und anderer Blätter, die sich hier verbal derartig vergreifen, deutlich sagen. Das legalistisch wirkende und verharmlosende Wort „Hinrichtung“ hat an dieser Stelle nichts, rein gar nichts zu suchen.
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Ergänzung 18.2.2015:
http://www.freiewelt.net/reportage/is-ausweitung-der-kampfzone-10054684/ (18.2.):
… Die Spirale der Gewalt dreht sich. Dies scheint so gewollt zu sein. Der IS braucht den Kampf, um seine Existenz zu rechtfertigen. Je mehr Gegner der IS hat, desto verbissener kämpfen seine Anhänger, desto mehr Fanatiker aus aller Welt schließen sich ihnen an. In diesem Kontext ist auch die jüngste mutmaßliche Verbrennung von rund 30 Menschen im Irak zu deuten. Die unbedingte Grausamkeit des IS soll ein Signal an die Welt sein. …
… Insgesamt stellen die Kopten rund zehn Prozent der ägyptischen Bevölkerung. Das sind etwa acht Millionen Menschen. Damit sind sie als Minderheit zu groß, um wie die Christen in Syrien und im Irak vertrieben werden zu können. Die Kopten gehören seit jeher zu Ägypten. Vor der islamischen Eroberung Ägyptens im 7. Jahrhundert waren fast alle Ägypter koptische Christen. Die polytheistische Religion der Pharaonen war bereits im 4. Jahrhundert ausgestorben.
Doch seit der islamischen Eroberung mussten die Kopten sich immer wieder gegen Unterdrückung und Verfolgung wehren. Im frühen Mittelalter stellten sie noch die Mehrheit der Bevölkerung. Doch ab dem späten Mittelalter verschob sich das Zahlenverhältnis. Insbesondere koptische Klöster in der ägyptischen Wüste mussten sich immer wieder vor Überfällen der Beduinen schützen. …
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Ergänzung 25.2.2015:
(Kairo) Die koptisch-orthodoxe Kirche Ägyptens hat die 21 koptischen Christen, die vom Islamischen Staat (IS) in Libyen ermordet wurden, als Märtyrer des Glaubens anerkannt. Der Patriarch der koptisch-orthodoxen Kirche, Tawadros II., kündigte an, daß die Namen der 21 Ermordeten in das Synaxarion eingeschrieben werden, einen liturgischen Kalender mit Angaben zur Gottesdienstordnung und zu den Tagesheiligen. Das Synaxarion ist damit mit dem Römischen Martyrologium vergleichbar.
Die Eintragung entspricht einer Heiligsprechung durch die lateinische Kirche. Das Martyrium der 21 Kopten wird am 8. Amshir des koptischen Kalenders begangen werden, das ist der 15. Februar des Gregorianischen Kalenders.
Die Namen der 21 Ermordeten …
Die koptisch-katholische Kirche sieht in den Enthaupteten ebenfalls Märtyrer, denn wegen ihres Glaubens wurden sie hingerichtet. Wie die Videobotschaft der Islamisten belegt, waren ihre letzten Worte Worte des Glaubens. Sie hätten durch die Verleugnung ihres Glaubens und den Übertritt zum Islam ihr Leben retten können, haben es aber nicht getan. Sie sind Jesus Christus im Angesicht des Todes treu geblieben. „Sie sind echte Märtyrer, auch für uns Katholiken“, so der koptisch-katholische Bischof Kyrillos Samaan von Assiut in einem Interview mit Der Tagespost.
Nach der Ermordung der 21 Kopten kam es in Ägypten zu Akten der Solidarität, die zuvor schwer denkbar gewesen wären. Staatspräsident General al-Sisi besuchte den koptisch-orthodoxen Patriarchen Tawadros II. in Alexandria, um ihm sein Beileid und das des Staates zu überbringen. Das hatte es noch nie gegeben. Der Gouverneur der Provinz, aus der die meisten Märtyrer stammen, kündigte den Bau einer großen Gedächtniskirche auf Staatskosten an. Der Heimatort wird zu Ehren der Märtyrer umbenannt. Der Staat unterstützt die betroffenen Familien finanziell. „Das ist den Menschen Trost. Ägypten ist auf dem Weg der Erneuerung“, so Bischof Kyrillos Samaan von Assiut. …
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Ergänzung 28.2.2015:
Kämpfer des „Islamischen Staats“ haben im Nordosten Syriens offenbar deutlich mehr Christen verschleppt als bislang angenommen. Laut der Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mehr als 220 Menschen entführt. …
… Sie nennen sich selbst Assyrer und leben seit Jahrhunderten als christliche Minderheit im Norden des Irak. Iraks Christen gehören zu den ältesten Kirchen der Welt. Doch nun geraten sie zwischen die Mühlsteine der islamistischen und der kurdischen Interessen. Assyrer ist die geläufigste Selbstbezeichnung der Christen im Norden Iraks und Syriens sowie im Südosten der Türkei. Sie gehören verschiedenen Kirchen an, haben jedoch als gemeinsames Idiom das Aramäische, eine altsemitische Sprache. In Mossul gibt es bereits keine Christen mehr, da dort die Truppen der Gruppe Islamischer Staat (IS), eine Vereinigung radikaler Muslime, die Christen praktisch vertrieben hat. Vor dem Einmarsch der Amerikaner im Jahr 2003 lebten in der zweitgrößten Stadt des Landes 50.000 Christen. …
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