… Rechtzeitig vor der Bundestagswahl legte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vor einer Woche einen Gesetzesentwurf vor, dass die Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, die sich nicht ausreichend um die Löschung von sogenannten „Hasskommentaren“ kümmern, mit drastischen Bußgeldern bestraft werden sollen. Die Bußgelder können, angefangen bei fünf Millionen EUR, [bei] bis zu 50 Millionen EUR gegen das jeweilige Unternehmen liegen.
Mosseri, der Vice President der News Feed von Facebook, versuchte leider erfolglos klarzumachen, dass zwei Milliarden Menschen nicht auf „Fake News“ und „Hasskommentare“ geprüft werden können. Zudem könne Facebook nicht entscheiden, was wahr und unwahr ist, und man könne den Usern keine Meinung aufzwingen. Es werde mit technischen Mitteln zwar versucht, „Volksverhetzung, Mobbing und Fake News“ zu löschen, jedoch könne der Algorithmus nicht alle von Maas geforderten Zensuren leisten.
HEUTE VORMITTAG hat das Kabinett den Gesetzentwurf von Maas beschlossen. …
Fragolin: http://lepenseur-lepenseur.blogspot.co.at/2017/04/schoene-neue-welt.html (7.4.):
Das hat was: Ein Justizminister(!), der ein verfassungs- und europarechtswidriges Gesetz vorschlägt, und eine Quatschbude, die dem mehrheitlich begeistert zustimmt – das ist der jämmerliche Zustand der mickrigen Reste von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit, die mit gestrigem Tage in Berlin zu Grabe getragen wurden. Wahrscheinlich vorausschauend mit dem Kopf Richtung Mekka. Ich rechne auch nicht wirklich mit Klagen dagegen oder mehr als dem gelangweilten Abwinken des Bundesverfassungsgerichtes, sollte es doch jemand versuchen. …
Ergänzung 12.4.2017:
http://www.freiewelt.net/nachricht/allianz-fuer-meinungsfreiheit-macht-gegen-maas-mobil-10070650/ (12.4.):
Eine breites Bündnis von Verbänden, Vereinen, Bürgerrechtlern und Juristen wendet sich jetzt gegen das von Justizminister Maas verfolgte Gesetz gegen sogenannte Hassrede und Fake News. Man fürchtet um die Meinungsfreiheit. …
Auch Österreichs Sozis wollen da nicht zurückstehen:
http://diepresse.com/home/innenpolitik/5200018/Vergiftete-Inhalte_Drozda-will-FacebookTwitter-mit-Strafen-drohen (12.4.):
Medienminister Thomas Drozda (SPÖ) möchte Netzwerke wie Facebook oder Twitter unter Androhung von Strafen dazu bringen, Hasspostings zu löschen. „Mit gutem Zureden“ komme man nämlich nicht weiter, meinte er am Mittwoch im Ö1-„Morgenjournal“. Inspiriert durch entsprechende deutsche Pläne will er mit Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) mögliche gesetzliche Maßnahmen diskutieren. Dieser warnte wenige Stunden darauf, via „Mittagsjournal“ vor gesetzlichen „Schnellschüssen“.
Drozda schwebt vor, die Betreiber der Netzwerke dazu zu verpflichten, ein „wirksames Beschwerdeverfahren“ einzurichten, hieß es aus seinem Büro – inklusive Strafdrohungen, falls sie das nicht tun.
In Deutschland hat der dortige Justizminister Heiko Maas (SPD) im März ähnliche Pläne vorgestellt. Er stellte drakonische Geldstrafen von bis zu 50 Millionen Euro in den Raum. „Das scheint mir etwas sehr hoch zu sein“, sagte dazu Drozda im ORF-Radio. „Über konkrete Beträge möchte ich mich jetzt noch nicht auslassen.“ Der „Status quo“ mache es aber erforderlich, das „Verwaltungsstrafrecht oder Strafrecht zu bemühen“, meinte er. Immerhin würden bei Twitter 99 Prozent der gemeldeten Posts nicht gelöscht, bei Facebook 80 Prozent, verwies der Kanzleramtsminister auf eine Erhebung der NGO ZARA. „Das ist ein inakzeptabler Zustand.“ …
Ergänzung 16.4.2017:
https://www.pi-news.net/2017/04/umfrage-70-prozent-fuer-ende-der-meinungsfreiheit/ (16.4.):
Gemäß einer angeblich repräsentativen Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov sind 70 Prozent der Befragten vollkommen oder eher dafür mehr gegen „Hasskommentare und Fakenews“ im Internet vorzugehen. Das Maas’sche Zensurgesetz sieht nicht nur Strafen von bis zu 50 Millionen Euro für die Betreiber der Plattformen vor, wenn sie Löschbefehlen nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommen, sondern auch die Portale zu sperren. Die Formulierung des Gesetzes ist außerdem so angelegt, dass es, wie Rechtsexperten kritisieren, in der Folge auch die nichtöffentliche Kommunikation via Email, SMS, Skype oder ähnlicher Netzwerke treffen kann (PI berichtete hier und hier). Laut YouGov sahen nur 26 Prozent der Befragten die Meinungsfreiheit in Gefahr. Solche Ergebnisse kommen u. a. wohl deshalb zustande, weil der überwiegende Teil seine Informationen von den Propagandamedien bezieht und die Fakenews zu diesem Gesetz glauben. …
Ergänzung 21.4.2017:
Vera Lengsfeld: http://www.freiewelt.net/blog/wahrheitsminister-maas-gegen-meinungsfreiheit-10070727/ (21.4.):
… „Wo aber Gefahr ist“, so tröstet uns Hölderlin, einer der leider toten deutschen Dichter, „wächst das Rettende auch!“.
Die Rolle des Retters hat sich Wahrheitsminister Maas offensichtlich zur Aufgabe gemacht. In kurzen Intervallen erfahren wir von seinen Gesetzesvorhaben zur Reinigung des öffentlichen Bewusstseins von Unwahrheiten. Fake News, Hass und Hetze im Netz lassen sein missionarisches Sendungs- und Wahrheitsbewusstsein nicht mehr zur Ruhe kommen. Wahrheit muss in der digitalen Welt, wie Maas sie sieht, die rote Linie bilden, die nicht überschritten werden darf.
Maas ist der selbsternannte bundesrepublikanische Großinquisitor zur Herstellung moralisch sauberer, politisch korrekter und Wahrheit garantierender Äußerungen und Meinungen im Netz. …
Ergänzung 17.5.2017:
Der 16. Mai 2017 wird in die Annalen der Bundesrepublik Deutschland eingehen. Denn mit dem heutigen Tag wird dem staatlich legitimierten Bruch eines Grundrechts der Weg geebnet. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz soll in den Regierungsfraktionen durchgewunken und am 19. Mai im Bundestag angenommen werden. …
Ergänzung 20.5.2017:
https://de.wikipedia.org/wiki/Heiko_Maas#Netzwerkdurchsetzungsgesetz:
… Am 19. Mai 2017 hatte Maas den „Gesetzentwurf gegen Hass und Hetze im Internet“ im Bundestag eingebracht. Bei der ersten Lesung im Bundestag zeigte sich, dass der Gesetzentwurf auch innerhalb von CDU/CSU und SPD umstritten ist. Petra Sitte (Linkspartei) warnte vor einem schweren Kollateralschaden für die Meinungsfreiheit. Konstantin von Notz (Die Grünen) warnte davor die großen Netzwerkanbieter in eine Richterrolle zu drängen. …
Ergänzung 21.5.2017:
Eine Gruppe von rechten Aktivisten der „Identitären Bewegung“ hat vor dem Justizministerium demonstriert, Die Polizei löste den Aufmarsch ohne größeren Aufwand auf.
… Auf ihrer Facebook-Seite postete die Gruppe ein Foto von dem Aufmarsch und schrieb von einer Protestaktion «gegen Heiko Maas und das ‚Netzwerkdurchsetzungsgesetz’».
… Gegen das neuen Zensurgesetz gibt es breiten gesellschaftlichen Widerstand. Zuletzt hatte die CDU-CSU-Fraktion den Gesetzesentwurf verzögert, um das aus Sicht der Bundesregierung drängende Problem der „strafbaren Falschnachrichten“ mit einer anderen Mechanik als der von Maas vorgeschlagenen zu bekämpfen. …
Etappensieg gegen Metternich:
http://www.freiewelt.net/nachricht/maassches-zensurgesetz-ausgebremst-10070963/ (20.5.):
… Der Bundesjustizminister hatte das NetzDG zu seinem Steckenpferd erklärt und wollte es unbedingt noch vor der heißen Wahlkampfphase vor der kommenden Bundestagswahl am 24. September durchpeitschen. Kritische Stimmen ließ er genau so an sich abprallen wie geäußerte verfassungsrechtliche Bedenken. Doch noch am gestrigen Abend kam das »Stopp« für die Ambitionen des Heiko M. Im Schnellverfahren wurde die für heute anberaumte Beschlussfassung vom Tisch gefegt. Unter anderem wurden »zu starke Eingriffe in die Meinungsfreiheit« durch das NetzDG als Gründe angeführt. …
Ergänzung 23.5.2017:
Fragolin: http://lepenseur-lepenseur.blogspot.co.at/2017/05/realitaetsverlust.html (22.5.):
Als in Berlin letzten Freitag eine Handvoll Identitäre in NVA-Uniformen mit einem Plakat gegen das „Zensurministerium“ vor der Hütte vom Maasmännchen auftauchten und es sogar wagten, die Tür zu berühren, pudelte sich die lokale Presse darüber auf, dass Neonazis in Wehrmachtsuniformen das Justizministerium stürmen wollten. Den Unterschied zwischen NVA und Wehrmacht und den Sinn von Symbolik braucht man Propagandisten und Hetzern jetzt nicht versuchen zu erklären, und dass ein Anklingeln noch kein Stürmen ist, auch nicht, deshalb lasse ich das mal. …
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