BARCELONA. Eine große Mehrheit der Katalanen hat sich am Sonntag in einem Referendum für die Unabhängigkeit von Spanien ausgesprochen. Rund 90 Prozent votierten bei einer Wahlbeteiligung von 42,3 Prozent für eine Republik Katalonien. Die Abstimmung wurde überschattet vom gewaltsamen Vorgehen der spanischen Polizei.
Die Polizisten der Nationalpolizei und der paramilitärischen Guardia Civil hatten die Weisung von Madrid, die Abstimmung zu verhindern. Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy betrachtet das Referendum als illegal und kann dabei auf die Rückendeckung des spanischen Verfassungsgerichts verweisen. Fernsehbilder zeigten am Sonntag, wie spanische Polizisten mit Schlagstöcken auf Wähler einschlugen, die der spanischen Staatsmacht mit erhobenen Händen entgegentraten.
… Die Europäische Freie Allianz, ein Zusammenschluß europäischer separatistischer Parteien, dem unter anderem die schottische SNP, die Süd-Tiroler Freiheit und die Bayernpartei angehören, forderte EU-Sanktionen gegen Madrid und einen Ausschluß des regierenden „Partido Popular“ aus der Fraktion der „Europäischen Volkspartei“ im Europaparlament. …
Ergänzung:
Alexander Dilger: http://www.freiewelt.net/blog/katalanisches-unabhaengigkeitsreferendum-trotz-polizeigewalt-10072272/ (2.10.):
… Warum hat die spanische Regierung nicht einfach ein unverbindliches Referendum zugelassen? Vielleicht hätte sich die Mehrheit für den Verbleib in Spanien ausgesprochen. Vielleicht hätten auch nur so wenige teilgenommen, dass niemand die Sache ernst genommen hätte. Doch selbst eine klare Mehrheit hätte bei einer unverbindlichen Volksbefragung einfach ignoriert werden können, wie das in etlichen deutschen Bundesländern üblich ist, zuletzt bei der Abstimmung über den Erhalt des Flughafens Tegel in Berlin. …
… Seit dem 29. September 1977 hat Katalonien wieder den Status einer Autonomen Region inne, der ihr während der Franco-Zeit aberkannt wurde. Doch selbst die 2006 erfolgte Modifikation der Autonomierechte konnte den Wunsch und das Streben der Mehrheit der Katalanen nach einer vollständigen Unabhängigkeit von der spanischen Zentralregierung in Madrid nicht vollständig befriedigen. So kam es fast 40 Jahre nach der Wiedereinsetzung der »Generalitat«, der Regierung Kataloniens, zu einem Referendum über die staatliche Selbstständigkeit, …
https://de.wikipedia.org/wiki/Katalonien
Ergänzung 8.10.2017:
Hunderttausende Spanier haben in Barcelona gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens protestiert.
… Zigtausende Menschen drängten sich in den Straßen der Millionenstadt in der mediterranen Oktobersonne, eine katalanische oder eine spanische Fahne über der Schulter oder in der Hand – oder gleich beide zusammen. Die städtische Polizei schätzte die Zahl der Kundgebungsteilnehmer am Sonntagnachmittag auf 350.000. Die Veranstalter sprachen sogar von bis zu 950.000 Teilnehmern.
Zu der Kundgebung unter dem Motto „Es reicht! Lasst uns zur Vernunft zurückkehren“ hatte die Organisation Katalanische Zivilgesellschaft aufgerufen, die die Unabhängigkeitsbestrebungen ablehnt. Auf dem zentralen Urquinaona-Platz in der katalanischen Regionalhauptstadt sangen die Menschen „Viva España“ und schwenkten rot-gelbe Fahnen. Die Demonstranten reisten teilweise auch aus anderen Landesteilen nach Barcelona. …
Ergänzung 11.10.2017:
http://www.freiewelt.net/nachricht/unabhaengigkeit-kataloniens-vertagt-10072369/ (11.10.):
Viele erwarteten am Dienstagabend in Barcelona eine Unabhängigkeitserklärung, doch der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont setzte diese dann doch vorerst aus. In den kommenden Wochen wolle man noch einmal das Gespräch mit Madrid suchen. …
Karlheinz Weißmann: https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2017/die-phantasie-der-kleinen-nationen/ (10.10.):
Am vergangenen Sonntag demonstrierten Hunderttausende in Barcelona gegen die Abspaltung. Sie betrachten sich als Spanier und Katalanen gleichermaßen. Darunter waren ohne Zweifel viele, die die Teilnahme an dem Plebiszit verweigert haben, das die Regionalregierung vor zehn Tagen angesetzt hatte. Ob sie für die Mehrheit der Katalanen sprechen, ist eine andere Frage, aber aus übergeordneter Sicht unerheblich.
Denn sie bekräftigen nur den einzig denkbaren Rechtsstandpunkt: Daß die von den Separatisten beanspruchte Selbstbestimmung und mithin Loslösung von Spanien nicht zugestanden werden kann, auch wenn sich die Katalanen als „Nation“ betrachten. Ohne Zweifel ist das, was man unter dem Begriff Spanien versteht, aus der Verbindung und tendenziellen Verschmelzung mehrerer solcher „Nationen“ entstanden.
Ein Prozeß, der nie ohne Zwang ablief und dazu führte, daß Kastilien und Aragon (das Katalonien umfaßte) sowie Navarra (zu dem der westliche Teil des Baskenlandes gehört) auf den Status von Provinzen einer gesamtspanischen Monarchie absanken. …
Ergänzung 12.10.2017:
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2017/rajoy-droht-mit-aufhebung-der-autonomie/ (11.10.):
MADRID. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy (Partido Popular) hat Katalonien mit der Aufhebung seiner Autonomie gedroht. „Die Antwort des katalanischen Präsidenten wird die weiteren Schritte in den nächsten Tagen bestimmen“, sagte Rajoy am Mittag in Madrid. In derselben Rede hatte er auch eine Klarstellung des katalanischen Premierministers Carles Puigdemont gefordert, ob das katalanische Parlament nun die Unabhängigkeit der Region erklärt habe oder nicht.
Puigdemont hatte am Abend zuvor im Parlament in Barcelona betont, Katalonien habe durch die erfolgreiche Abstimmung am 1. Oktober das Recht erworben, ein unabhängiger Staat zu werden. Die vergangenen sieben Jahre bezeichnete er als für Katalonien „die schlimmsten der letzten 40 Jahre“. Erst die Aufhebung des Autonomiestatuts von 2006 durch das spanische Verfassungsgericht im Jahr 2010, die er als „Demütigung“ bezeichnete, habe die Nationalbewegung erstarken lassen.
… Am Tag vor der Erklärung des Katalanen-Premiers hatte der Sprecher von Rajoys Partido Popular, Pablo Casado, angekündigt, Puigdemont könnte bei Ausrufung der Unabhängigkeit dasselbe Schicksal ereilen wie den früheren katalanischen Präsidenten Lluís Companys, der 1940 auf Anordnung Francos exekutiert wurde. …
Ergänzung 18.10.2017:
Gestern schien es so, als könnte die vom katalanischen Regierungschef Puigdemont angebotene Aussetzung des Unabhängigkeitsmandates die Wogen ein wenig glätten. Doch die Verhaftung zweier führender Separatisten durch die Zentralregierung gießt wieder Öl ins Feuer.
Der spanische Ministerpräsident Rajoy hatte den katalanischen Regierungschef Puidgemont ultimativ aufgefordert, seine Rede aus der vergangenen Woche eindeutig zu erklären: Hat er nun die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt oder hat er das nicht. Dieses Ultimatum lief gestern ab, ohne dass Puigdemont eindeutig Stellung bezog.
Stattdessen bat er um einen Aufschub von zwei Monaten, um neue Gespräche zwischen Vertretern Kataloniens, der spanischen Zentralregierung sowie internationalen Persönlichkeiten als Vermittler zu ermöglichen. Für dieses Zeitfenster wolle er das ihm erteilte Unabhängigkeitsmandat ruhen lassen. …
Ergänzung 23.10.2017:
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2017/katalanen-wehren-sich-gegen-de-facto-putsch/ (23.10.):
BARCELONA. Das katalanische Parlament wird sich in den kommenden Tagen mit dem Beschluß der spanischen Zentralregierung befassen, die Autonomie Kataloniens aufzuheben. Über den Termin der Zusammenkunft des Parlaments soll bereits am heutigen Montag eine Entscheidung fallen. …
Ergänzung 29.10.2017:
https://jungefreiheit.de/politik/ausland/2017/katalonien-erklaert-sich-zur-unabhaengigen-republik/ (27.10.):
BARCELONA. Das katalanische Parlament hat die Republik Katalonien ausgerufen. …
… Rund 45 Minuten nach der Ausrufung der Unabhängigkeit hat der spanische Senat die Regierung in Madrid mit sofortiger Wirkung ermächtigt, auf Basis von Artikel 155 der Verfassung, die direkte Kontrolle über Katalonien zu übernehmen.
Dies soll nach dem Willen von Ministerpräsident Mariano Rajoy die Absetzung der katalanischen Regierung ebenso beinhalten wie die Auflösung des katalanischen Parlaments sowie Neuwahlen und die Kontrolle über die katalanische Polizei. Verhandlungen zwischen den Sozialisten und dem PP [Partido Popular] hatten zuvor ergeben, daß der öffentliche Rundfunk Kataloniens von Artikel 155 ausgenommen wird und weiter unabhängig sein darf. …
https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/10/28/hunderte-unternehmen-verlassen-katalonien/:
… Im Gegensatz dazu verlegten im selben Zeitraum insgesamt 55 Unternehmen aus anderen Landesteilen ihren Firmensitz in die Region Katalonien. …
Spanien scheint erfolgreich in der Lage zu sein, die Kontrolle in Katalonien zu übernehmen.
Der von der Zentralregierung in Madrid abgesetzte katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont hat die Bevölkerung zum „demokratischen Widerstand“ gegen die Zwangsverwaltung aufgerufen. In einer Fernsehansprache am Samstag versicherte Puigdemont, er werde weiter für den Aufbau eines „freien Landes“ arbeiten.
Madrid trieb derweil die Zwangsverwaltung Kataloniens weiter. Mit einer Bekanntmachung im Amtsblatt wurden Puigdemont und sein Stellvertreter Oriol Junqueras offiziell abgesetzt. …
Ergänzung 31.10.2017:
Die spanische Generalstaatsanwaltschaft hat Anklage gegen die katalanische Regionalregierung eingereicht. …
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