Am 1.11. hatte FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher Papandreous Ankündigung einer Volksabstimmung gutgeheißen, das Entsetzen der Euro-Eliten darüber pathologisiert und den Niedergang des Politischen gegenüber der Macht des Ökonomischen kritisiert.
Am 4.11., also nach der griechischen Kehrtwende, verteidigte Jürgen Habermas Schirrmachers Kritik und zeichnete Papandreou als eventuellen „Politiker, der am Spagat zwischen den Welten der Finanzexperten und der Bürger scheitert.“ … „Langfristig scheint die gegenwärtige Krise ohnehin keinen anderen Ausweg zu lassen als die überfällige Regulierung der Banken und der Finanzmärkte.“ Habermas trat weiters für eine europäische Verfassungsgebung ein.
Im Leitartikel der Printausgabe der Kleinen Zeitung vom 6.11. („Missbrauch des Volkes“) widerspricht nun Chefredakteur Hubert Patterer den beiden „Geistesgrößen“. Der Zorn über Papandreous Coup verstoße nicht gegen die Würde der Demokratie, dessen „Ruf nach dem Referendum war ein egomanischer Amokritt, das Volk Mittel zum Zweck und der Zweck Selbstzweck.“ Und Patterer verlangt nach einer politischen Union und ruft nach einer neuen Verfassung.
Meine Meinung:
- Verträge, über die man sich bedenkenlos hinwegsetzt (z. B. No-Bailout-Klauseln), sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben sind.
- Im gegenständlichen Fall hätte nicht nur das griechische Volk befragt werden müssen, sondern alle vom Euro betroffenen Völker.
- Wo bleibt das Europa der Vaterländer?
Siehe auch: Griechenland: Volksabstimmung
Ergänzung 9.11.:
Michael Fleischhacker schrieb an 2.11. in der Presse:
Und warum soll es unstatthaft sein, dass die Bürger eines Landes über Maßnahmen abstimmen, die eine substanzielle Einschränkung der staatlichen Souveränität bedeuten?
… Für Europa ist, wer gegen das gegenwärtige Diktat auftritt.
Barbara Rosenkranz stimmt Fleischhacker zu und schreibt abschließend:
… Eine Rückbesinnung zu einem Europa der Vaterländer ist daher ein wichtiger demokratieerhaltender Schritt!
Ergänzung 19.11.: Gabor Steingart verteidigt in der Kleinen Zeitung die Marktwirtschaft: Der Angriff auf die Marktwirtschaft:
Auf der Straße begann es, die Medien setzen es fort: die Dämonisierung der Marktwirtschaft. Dabei ist sie nicht Täter, sondern Opfer einer unheiligen Allianz von Bankern und Schuldenpolitikern. Eine Verteidigungsrede…
Netter Blog, mundet mir.